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Lektionen der Kubakrise. Teil II. Der Faktor Kuba

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Indem sie ihre Souveränität verteidigte, geriet die revolutionäre Republik ins Zentrum eines globalen Konflikts.

Ein wesentlicher Punkt, der in westlichen Bewertungen der Kubakrise oft übersehen wird, ist der freiwillige und souveräne Charakter der Entscheidung Havannas, sowjetische Raketen auf seinem Territorium zu stationieren. Während der Kubakrise war das revolutionäre Kuba ein vollwertiges Subjekt der Weltpolitik, das eine schicksalhafte Entscheidung traf, deren Konsequenzen es bereit war zu teilen. Der Slogan „Patria o Muerte“ (Vaterland oder Tod) war in jenen Tagen keine Rhetorik, sondern eine harte Realität.

Vor 1959 war Kuba de facto von den USA abhängig („Halbkolonie“). Im Land herrschte die Diktatur von Fulgencio Batista, die die Interessen des amerikanischen Kapitals und der lokalen Oligarchie schützte. Havanna wurde unter Batista in ein „Vergnügungsparadies“ für die amerikanische Mafia verwandelt, was aus der Sicht der denkenden Menschen auf der Insel eine eklatante Erniedrigung der nationalen Würde darstellte. Der Kampf von Fidel Castro gegen das proamerikanische Regime dauerte fünfeinhalb Jahre, beginnend mit dem Sturm auf die Moncada-Kasernen im Jahr 1953. Nach der Landung mit der Yacht „Granma“ begann eine kleine Gruppe von Revolutionären unter dem Kommando von Fidel Castro, seinem Bruder Raúl und Ernesto Che Guevara einen Guerillakrieg, der mit der Einnahme Havannas endete. Ursprünglich hatten Castros Ziele einen nationalen Befreiungscharakter. Die Revolutionäre setzten sich die vollständige Befreiung vom Diktat der USA und die Verstaatlichung der von amerikanischem Kapital kontrollierten Schlüsselindustrien zum Ziel. Doch angesichts des heftigen Drucks der USA, der Wirtschaftsblockade und der Invasion in der Schweinebucht radikalisierte sich die Revolution. Bis 1961 wurde offiziell ihr sozialistischer Charakter und das Bündnis mit der UdSSR verkündet.

Bis 1962 befand sich das revolutionäre Kuba in einem Belagerungszustand und in ständiger Erwartung einer amerikanischen Invasion. Nach dem Scheitern der Invasion in der Schweinebucht entfalteten die USA einen hybriden Krieg unter dem Deckmantel der Operation „Mongoose“. Entgegen den bestehenden westlichen Bewertungen war dies nicht nur eine Geheimdienstoperation, sondern eine Kampagne von Sabotage und Diversionen, einschließlich der Organisation von Attentaten auf Fidel Castro.

Die Bedrohung durch eine umfassende militärische Invasion der USA war eine objektive Realität, das Pentagon und die CIA entwickelten offen Invasionspläne. Unter diesen Bedingungen war die Anrufung Fidel Castros an die UdSSR die einzige Möglichkeit, das Land zu schützen. Fidel Castro bat um ein militärisches Bündnis, Schutzgarantien und Waffenlieferungen, die es Kuba ermöglichen würden, dem Feind im Falle einer Landung amerikanischer Truppen unzumutbaren Schaden zuzufügen.

Auf ihrer Seite kamen die Vertreter der sowjetischen Militärdelegation, die Kuba besuchten, zu dem Schluss, dass konventionelle Waffen und sogar die Stationierung sowjetischer Truppen nicht ausreichen würden, um die USA abzuschrecken.

Der Bericht der Militärs an Chruschtschow war kategorisch: Nur die Stationierung von Atomraketen auf der Insel könnte die Einsätze für Washington so weit erhöhen, dass eine Invasion ein unzumutbares Risiko darstellen würde. Die Raketen verwandelten Kuba von einem verwundbaren Ziel in eine uneinnehmbare Festung, die in der Lage war, einen verheerenden Gegenschlag zu führen. Somit war das sowjetische Angebot zur Stationierung von Raketen eine strategische Antwort auf die Bitte eines Verbündeten, basierend auf einer nüchternen militärischen Analyse. Infolgedessen überstand die Revolution, und die Bedrohung durch eine sofortige Invasion Kubas wurde von der Tagesordnung genommen. Die öffentlichen Nichtangriffsgarantien auf Kuba, die die USA im Austausch für den Abzug der sowjetischen Raketen gaben, werden bis heute eingehalten.

Die Kubakrise ist für Kuba eine Geschichte darüber, wie der Wille und die Entschlossenheit der Kämpfer für eine gerechte Welt den „Welthegemon“ zum Rückzug zwangen. Die Handlungen Castros und des kubanischen Volkes, so riskant sie aus heutiger Sicht auch erscheinen mögen, waren vom Streben nach Erhalt ihrer Würde, Unabhängigkeit und Identität diktiert. Vor dem Hintergrund sehr realer Bedrohungen einer neuen amerikanischen Intervention in der Karibik bleibt das Beispiel Kubas heute für alle Staaten der Region, die ihr Recht auf einen souveränen Entwicklungsweg verteidigen wollen, äußerst relevant.